Verbesserungen für Opfer von Gewalttaten | KSL.Münster Direkt zum Inhalt
07.12.2023
Text vor KSL-Grafik: Verbesserungen für Opfer von Gewalt ab 01.01.2024

Ab dem 01.01.2024 werden Entschädigungsleistungen für Gewaltopfer und Hinterbliebene neu strukturiert. Martina Steinke, Referentin für juristische Fragen beim KSL.Münster, hat die wichtigsten Neuerungen zusammengefasst.

Worum geht es? 

Menschen mit und ohne Behinderung, die in Deutschland Opfer einer Gewalttat werden und dadurch einen Gesundheitsschaden erleiden, haben gegenüber dem Staat einen Anspruch auf Entschädigung. Seit dem 01.07.2018 gilt dies auch für ausländische Staatsangehörige mit und ohne Behinderung, die sich in Deutschland aufhalten; unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

Welche konkreten Leistungen Opfer von Gewalttaten erhalten können, ergibt sich bisher aus dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) und dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). 

Zu den Leistungen des OEG gehören unter anderem: 

  • Krankenbehandlung, Therapien, Hilfsmittel, 
  • Leistungen zur Teilhabe an Bildung (z. B. Schul-, Studienassistenz), zur sozialen Teilhabe (z.B. Freizeitassistenz, Mobilitätshilfen), zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Arbeitsassistenz) sowie  
  • Renten und Berufsschadensausgleich. 

Auch Hinterbliebene der Opfer, Angehörige (Ehegatten, Kinder und Eltern) und Nahestehende (Geschwister, Partner*innen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft) können Ansprüche geltend machen. Das Gesetz sieht zum Beispiel für hinterbliebene Eltern und Halb- und Vollwaisen Ansprüche auf Grundrenten und auf ein Bestattungsgeld vor. Auch Behandlungen in Traumaambulanzen können von Angehörigen und Nahestehenden in Anspruch genommen werden. 

Was ändert sich ab 2024? 

Ab dem 01.01.2024 werden Entschädigungsleistungen im neu geschaffenen Sozialgesetzbuch (SGB) XIV gebündelt und neu strukturiert. Das heißt: Die Regelungen des OEG und des BVG werden in das SGB XIV (Soziale Entschädigung) überführt.

Und zwar für: 

  • Gewaltopfer sowie für  
  • Kriegsopfer der beiden Weltkriege,   
  • Geschädigte durch Schutzimpfungen und für  
  • Menschen, die im Rahmen des Zivildienstes einen Schaden erleiden.  

Neben gesetzlichen Klarstellungen wird es folgende Verbesserungen für Opfer von Gewalttaten und Hinterbliebene geben: 

  • Der bisherige Gewaltbegriff im OEG wird erweitert. Opfer psychischer Gewalt sind zukünftig ebenfalls leistungsberechtigt. Davon profitieren auch Menschen mit Behinderung bei einer Straftat gegen ihre sexuelle Selbstbestimmung, wie zum Beispiel bei sexuellem Missbrauch oder bei schwerwiegender Bedrohung oder Nachstellung (Stalking). Ein unbürokratischer Zugang zu den bestehenden Traumaambulanzen soll Opfern psychischer Gewalt schnellere Hilfen ermöglichen. So sieht das Gesetz seit Anfang 2021 ein vereinfachtes Antragsverfahren vor. Ergeben sich aus eingereichten Unterlagen bereits Anhaltspunkte für eine Berechtigung, kann eine Behandlung in Anspruch genommen werden.  Projekt HilfT - Schnelle Hilfen in Traumaambulanzen (projekt-hilft.de) 
  • Es wird ein sogenanntes Fallmanagement geben. Das Fallmanagement soll Gewaltopfer in bestimmten Fallsituationen mit deren Einwilligung im Antrags- und Verwaltungsverfahren begleiten und unterstützen. Das Fallmanagement soll insbesondere den Hilfebedarf aufklären.  
  • Alle Personen, die durch das Auffinden des Opfers oder durch den Erhalt der Nachricht von der Tat einen Gesundheitsschaden erleiden (sogenannte Schockschadenopfer), erhalten Leistungen. Zukünftig auch diejenigen, die zum Opfer keine besondere emotionale Bindung haben oder hatten.
  • Entschädigungszahlungen für Geschädigte und Hinterbliebene werden deutlich erhöht. Bei einem Grad der Schädigung (GdS) von 30 oder 40 erhalten Geschädigte beispielweise eine monatliche Entschädigungszahlung in Höhe von 400 Euro. Bei einem GdS von 50 oder 60 von 800 Euro. Geschädigte können auch eine Abfindung der Entschädigungszahlung für fünf Jahre beantragen. Sie erhalten dann die monatlichen Zahlungen für jeweils fünf Jahre in einer Summe. Die Entschädigungszahlung von Witwen und Witwern erhöht sich auf 1055 Euro monatlich. Die Elternrente wird herabgesetzt; dafür aber zukünftig unabhängig vom Einkommen der hinterbliebenen Eltern gewährt. Teilhabeleistungen werden, anders als im SGB IX, grundsätzlich unabhängig vom Einsatz von Einkommen und Vermögen erbracht. 

Der Antrag auf Entschädigungsleistungen ist an das zuständige Versorgungsamt oder den Kreis zu richten.

Sie finden das Antragsformular hier.